Lufteinteilung - Zug statt Druck?
Lieber Harmonikafreund,
gerade für Außenstehende ist es unverständlich wie auf der Steirischen Harmonika das mit der Lufteinteilung funktioniert. Selbst Akkordeon-spieler haben Respekt vor dem Umgang mit dem Balg. Du weißt zumindest, dass man bei der Harmonika nicht einfach drücken und ziehen kann wie und wann man will, sondern sich nach den Harmoniewechseln richten muss.
Als Harmonikalehrer ist mir sehr oft aufgefallen, dass nicht nur Anfänger Schwierigkeiten mit der Lufteinteilung haben, sondern teilweise auch noch erfahrene Spieler. Es ist also immer wieder Thema bei mir im Unterricht und auch bei Seminaren.
Ich möchte Dir im Laufe von diesem Workshop ein paar hilfreiche Tipps geben wie Du Deine Lufteinteilung beim Spielen besser kontrollieren kannst und Dir auch bewusst machen, welchen negativen Einfluss gewisse Spielweisen auf die Lufteinteilung, bzw. den Luftverbrauch haben.
Es ist mir weiters wichtig, ganz von der Basis an zu beginnen. So wird es durchaus der Fall sein, dass Du vieles schon weißt und idealerweise richtig einsetzt. Der Workshop soll nämlich auch Spieler abholen die sich erst wenige Wochen oder Monate mit der Steirischen Harmonika beschäftigen. Daher werde ich mich zu Beginn mit theoretischen Grundlagen beschäftigen.
Eines kann ich gleich vorausschicken: Wenn Spieler mit der Lufteinteilung Probleme haben, ist in den wenigsten Fällen das Instrument der ausschlaggebende Grund dafür. Man sollte immer zuerst bei sich selbst schauen woran es liegen kann, weshalb einem die Luft ausgeht. Du kannst und sollst lernen mit dem auszukommen was Dir zur Verfügung steht.
Natürlich stoßen wir trotz Qualitätsinstrument und optimaler Spielweise immer wieder an die Grenzen und genau das ist dann die Herausforderung an den Spieler oder den Lehrer diese Situation so zu lösen, dass letztendlich nicht die Musik darunter leidet.
Wodurch entsteht das Luftproblem bei der Steirischen Harmonika überhaupt?
Das hängt natürlich ganz stark mit der wechseltönigen Bauweise des Instruments zusammen. Wie Du ja weißt erklingt auf der Bassseite, wenn wir von einer Reihe ausgehen, auf Druck die Tonika (auch I. Stufe genannt) und auf Zug die Dominante (auch V. Stufe genannt). Bei einem GCFB Instrument in der 2. Reihe z.B. C-Dur auf Druck und G-Dur auf Zug (Bb-Taste), in der 3. Reihe z.B. F-Dur auf Druck und C-Dur auf Zug (Cc-Taste), usw. Bei einem BEsAsDes Instrument in der 2. Reihe z.B. Es-Dur Dur auf Druck und B-Dur auf Zug (Bb-Taste), usw.
Einfache Volksmusikstückl bestehen zum Teil nur aus Tonika (I. Stufe – Druck) und Dominante (V. Stufe – Zug). Sind jetzt mehrere Takte auf der Tonika (Druck) zu spielen als auf der Dominante (Zug) führt es unweigerlich dazu, dass die Luft mit Fortdauer des Stückes immer knapper wird, oder gar ausgeht.
Für die meisten Spieler ist es dann die einfachste Lösung die Lufttaste zu betätigen. Da die Lufttaste in solchen Situationen gerne, oder gezwungener Maßen erst im letzten Moment verwendet wird, führt es dazu, dass die Melodiephrase unterbrochen wird. Das ist aus musikalischer Sicht natürlich weniger gut.
Verschärft wird das Ganze, wenn im Musikstück auch noch die Subdominante (IV. Stufe) vorkommt und diese auch noch auf Druck gespielt werden soll. Dann erhöhen sich nämlich die Anzahl der Takte die auf Druck gespielt werden nochmals und das Problem mit der Luft wird noch akuter.
In der Zeit wo es weder schriftliche Aufzeichnungen in Notation, noch Griffschriften für die Steirische Harmonika gab, wussten sich nur die „geschickten“ Spieler zu helfen. Sie umgingen dieses Problem, indem sie die Subdominante auf Zug spielten.
Beim Dur-System waren/sind es die Bässe auf der Innenreihe, beim Moll-System z.B. statt Bb auf Druck → Cc auf Zug. Bei all jenen die dies nicht wussten, kam die Lufttaste zum Dauereinsatz. Du kannst Dir vorstellen, dass dies für den musikalischen Fluss nicht sehr dienlich war. Mit der ersten Griffschrift von Prof. Max Rosenzopf und den ihm nachfolgenden Autoren löste sich dieses Problem weitestgehend.
Workshop Teil 1 - Spielweise
Welche Faktoren haben Einfluss auf den Luftverbrauch?
Artikulation/Notenwerte
Die Notenwerte selbst haben nur wenig Einfluss auf den Luftverbrauch. So verbraucht eine Ganze Note sogar eher weniger Luft als vier Viertel Noten, die im selben Zeitmaß und Lautstärke gespielt werden. Der Grund dafür ist, dass die Stimmzunge am Beginn des Tones (Einschwingungsphase) etwas mehr Luft benötigt bis sie klingt.
Den großen Unterschied bezüglich des Luftverbrauchs macht die tatsächliche Tondauer aus. Zwischen breit (tenuto) gespielten Viertel Noten oder kurz (staccato) gespielten Viertel Noten ist dieser eklatant. Der Grund ist ganz einfach zu verstehen: Es sind die Pausen zwischen den Tönen. Bei Achtel Noten ist der Unterschied nicht mehr so groß.
Übung:
Spiele vier Ganze Noten in einem beliebigen Metrum z.B. M=60 (Schläge pro Minute) in derselben Spielrichtung und beobachte wie viel Luft Du dabei verbrauchst. Bei jedem Atemzeichen gehst Du in dieselbe Ausgangsposition breite oder kurze Viertel, dann Achtel, usw. Vergleiche nun den unterschiedlichen Luftverbrauch. Achte darauf, dass Du immer in derselben Lautstärke spielst, sonst verfälscht es das Ergebnis.
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Einstimmig - mehrstimmig
Ebenso logisch ist es, dass eine einstimmige Melodie weniger Luft verbraucht als eine zwei-oder dreistimmige Melodie. Denn bei jedem einzelnen Ton werden zwei oder drei Stimmzungen in Schwingung versetzt. Folglich ist es nur logisch, dass jeder zusätzliche Ton automatisch mehr Luftverbrauch bedeutet. So werden 3- oder 4-stimmige Passagen nicht nur vom Greifen her
anspruchsvoller, sondern auch von der Lufteinteilung her.
Übung:
Nehme nun zu Testzwecken diese vier Takte der dreistimmigen Melodie und spiele diese zuerst dreistimmig. Nach diesen vier Takten bringst Du den Balg wieder in dieselbe Ausgangsposition. Danach lässt du, wie im nebenstehenden Beispiel, eine Stimme weg.
Vergleiche nun den Luftverbrauch. Dasselbe machst Du dann bei der 1-stimmigen Melodie in der dritten Zeile. Auch hier müssen natürlich sowohl das Tempo als auch die Lautstärke beibehalten werden.
Du kannst das mit beliebigen Passagen aus Deinem Spielrepertoire ausprobieren.
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Tonhöhe
Grundsätzlich ist es so, dass ein tieferer Ton mehr Luft verbraucht als ein höherer. Das hat in erster Linie mit den unterschiedlichen Größen der Stimmzungen zu tun. Eine größere Stimmzunge hat eine größere Masse die bewegt werden muss, die Stimmzunge schlägt weiter aus und sie hat insgesamt eine größere Öffnung wo die Luft hindurch fließen kann.
Bei sehr hohen Tönen kann das je nach Qualität des Instruments und der Stimmplatten allerdings wieder in die Gegenrichtung gehen. Diese benötigen verhältnismäßig mehr Luftdruck damit sie überhaupt zu schwingen beginnen. Insgesamt hat also auch die Stimmung einer Harmonika sehr wohl Einfluss auf den Luftverbrauch.
Eine BEsAsDes ist um eine kleine Terz höher als eine GCFB Harmonika. Folglich wird eine GCFB bei gleicher Qualität und Spielweise etwas mehr Luft verbrauchen als eine BEsAsDes-Harmonika. Noch größer ist der Unterschied zu einer FBEsAs-Harmonika. Diese klingt nochmals um einen Ganzton tiefer als eine GCFB.
Übung:
Nimm wiederum einige Takte einer einfachen zweistimmigen Melodie und spiele diese in derselben Lage, aber auf den verschiedenen Reihen Deines Instrumentes. Wie schon in der vorherigen Übung bringst Du nach diesen vier Takten den Balg wieder in dieselbe Ausgangsposition. Vergleiche erneut den Luftverbrauch.
Wenn Du möchtest kannst Du nun dieselbe Melodie auch in die tiefere und höhere Oktave transponieren. Vergleiche auch den Luftverbrauch in verschiedenen Dynamikstufen.
Begleitung
Die Begleitung ist gerade bei Anfängern neben der fehlenden Erfahrung mit dem Umgang des Balges eines der Hauptverursacher von übermäßigem Luftverbrauch. Selbst erfahrene Spieler unterschätzen die Auswirkung der Begleitung und geben dann oftmals dem Instrument die Schuld.
Die Begleitung besteht zum einen aus dem Basston und zum anderen aus dem Akkord. Die Basstöne haben die größten Stimmzungen und die Akkorde bestehen aus mehreren Einzeltönen. Beide benötigen also verhältnismäßig viel Luft um ordentlich zu klingen.
Bei den meisten Volksmusikstückln und Tanzformen wird die Begleitung kurz gespielt, was auch den Luftverbrauch in Grenzen hält. Spielst Du z.B. nur den Bass immer breit erhöht sich der Luftverbrauch kontinuierlich in jedem Takt. Bei langen Phrasen gleicher Spielrichtung kann Dir dann schon mal die Luft sprichwörtlich ausgehen.
Wenn es mit der Luft knapp wird, überprüfe ob Du die Begleitung wirklich kurz spielst.
Übung:
Spiele 4-taktige Begleitmuster mit kurzen und breiten Bässen und vergleiche den Luftverbrauch. Spiele danach einmal bewusst einen Teil eines Stückes mit einer breiten Begleitung und vergleiche dann den Luftverbrauch, wenn Du die Begleitung danach kurz spielst.
Lautstärke
Mehr Lautstärke bedeutet automatisch mehr Energieverbrauch, was in unserem Fall mit mehr Luftverbrauch gleichzusetzen ist. Dabei ist der Luftverbrauch bei ansteigender Lautstärke bei tiefen Tönen wesentlich höher als bei hohen Tönen. Das kannst Du ganz leicht feststellen indem Du einen 3-stimmigen Akkord in der Oberlage der dritten Reihe abwechselnd 4 Zählzeiten leise und laut spielst.
Danach machst Du dasselbe eine Oktave tiefer und dann noch auf der Bassseite mit der Begleitung. Was ich immer wieder bei meinen Schülern feststelle ist, dass sie, wenn es mit der Luft knapp wird, lauter werden anstatt leiser. Das ist aber eine ganz natürliche Reaktion, der man nur durch gezieltes Üben entgegenwirken kann.
Übung:
Suche Passagen wo Dir öfters die Luft ausgeht und spiele diese in verschiedenen Dynamikstufen. Regle bei dieser Übung den Luftverbrauch bewusst nur durch die Änderung der Lautstärke.
Tempo
Auch das Tempo hat natürlich einen Einfluss auf den Luftverbrauch. Das merkst Du vor allem wenn Du noch ziemlich am Anfang Deiner „Harmoniker-Karriere“ stehst. Da braucht alles noch ein bisschen länger und Du musst die Stücke im Lerntempo spielen.
Auch fortgeschrittene Spieler merken dies immer, wenn sie ein neues Stück einlernen möchten. Der höhere Luftverbrauch ergibt sich ja nur daraus, weil wir den Balg beim langsamen Spielen längere Zeit in einer Spielrichtung bewegen. Hier machen dann viele den Fehler, dass sie zu früh das Tempo steigern.
Ich empfehle vorher zu überprüfen ob nicht doch durch eine kürzere Begleitung oder einer geringeren Übe-Lautstärke Luft eingespart werden könnte.
Übung:
Suche Passagen wo Dir öfters die Luft ausgeht und spiele diese in verschiedenen Tempo.
Instrument
Wie schon anfangs erwähnt ist nicht immer das Instrument schuld, wenn Du mit der Luft nicht auskommst. Es ist aber klar, dass auch das Instrument sehr wohl den Luftverbrauch begünstigen kann. Gerade als Anfänger solltest Du hier nicht am falschen Platz sparen, sonst bringt Dir Dein neues Hobby möglicherweise nicht den Spaß, den Du Dir erwartet hast.
Wenn Du mit einem Fahrrad den Berg hinauf oder hinunter fahren möchtest wirst Du Dich vermutlich auch nicht für ein Mountainbike ohne Federung mit nur 5 Gängen entscheiden. Bedenke: Ein gutes Instrument bleibt immer ein gutes Instrument – dagegen bleibt ein schlechtes Instrument immer schlecht. Hier lohnt sich meistens nicht einmal eine Reparatur.
Welche Faktoren beim Instrument für den Luftverbrauch eine Rolle spielen erfährst Du im zweiten Teil des Workshops. Dort zeige ich Dir auch spezielle Übungen und Techniken, wie Du praktisch jedes Stück ohne Verwendung der Lufttaste spielen kannst.
Praxisbeispiele zum Workshop
Workshop Teil 2 - das Instrument
Und nun zum Instrument und dessen Tonerzeugung.
Im Volksmund wird die Steirische Harmonika oft zur Familie der Tasteninstrumente gezählt, weil ja Tasten bzw. Knöpfe gedrückt werden müssen, damit Töne und Akkorde erklingen. Was Viele aber nicht wissen ist, dass es auch eine wissenschaftliche Einteilung der Instrumente gibt, welche sich rein nach dessen Tonerzeugung orientiert. So gehört die Steirische Harmonika, so wie auch alle anderen Balginstrumente, zur Gruppe der Aerophone (Luftklinger). Das sind Instrumente, bei denen die Töne durch schwingende Luft erzeugt werden. Im Umkehrschluss bedeutet das aber, dass ohne Luft auch keine Töne produziert werden können. Sie wissen sicherlich auch, dass die Tonerzeugung durch so genannte freischwingende Durchschlagzungen erfolgt. Das bedeutet, dass durch das Drücken oder Ziehen des Balges die Luft durch die Stimmplatte gedrückt wird und so die Stimmzunge in Schwingung versetzt wird. Die schwingende Stimmzunge macht den Ton für uns hörbar. Je nachdem wie schnell die Stimmzunge schwingt klingt der Ton höher oder tiefer. Bei tiefen Tönen ist nicht nur die Stimmzunge größer. Sie schwingt auch langsamer. Grundsätzlich gilt: Je tiefer ein Ton, desto höher der Luftverbrauch.
Wichtige Faktoren, welche einen Einfluss auf den Luftverbrauch haben:
- Größe des Balges und seine Dichtheit
- Qualität der Stimmplatten
- Einstellung der Stimmzungen
- Abnützung der Ventile, Filze, Klappen
Der Balg ist sozusagen die Lunge, oder der Luftspeicher der Harmonika. Je größer ein Balg, desto mehr Luft kann er aufnehmen und auf Druck wieder abgeben. Ausschlaggebend für die Größe des Balges ist in erster Linie die Bauweise der Harmonika. Eine 3-reihige Harmonika hat durch das kleinere Gehäuse automatisch auch einen kleineren Balg, als eine 4-Reihige. Zur Gehäusegröße kommt auch noch dazu, wie weit sich der Balg auseinanderziehen lässt. Dafür sind die Anzahl der Balgfalten und deren Tiefe verantwortlich. Die meisten Hersteller bauen bei 4-reihigen Instrumente Bälge mit 15 – 17 Balgfalten. Und zu guter Letzt spielt auch die körperliche Beschaffenheit des Spielers eine gewichtige Rolle. Groß gewachsene Menschen sind hier klar im Vorteil, weil ihre Arme eine größere Reichweite haben. Allerdings nützt Ihnen der größte Balg nichts, wenn er sich in einem schlechten Zustand befindet und undichte Stellen aufweist, aus denen Luft ungewollt entweichen kann. Eine kleine Reparatur oder gar ein Tausch des Balges könnte hier Abhilfe schaffen.

Qualität des Stimmenmaterials
Das in einer Harmonika verbaute Stimmenmaterial hat ebenfalls einen großen Einfluss auf den Luftverbrauch. Gerade in diesem Bereich gab es in den letzten Jahrzehnten eine große Weiterentwicklung. So ist heute die Qualität auch bei den günstigeren Stimmplatten eine wesentlich bessere als im Vergleich zu vor 40 Jahren. Der geringere Luftverbrauch der heutigen Stimmplatten liegt in der präziseren Herstellung und Verarbeitung. Grob gesagt gibt es beim Stimmenmaterial vier Qualitätsstufen. Je höher die Qualitätsstufe, desto geringer der Luftverbrauch. Das schlägt sich auch im Preis nieder. Deshalb solltest du dich bei Fachleuten genau informieren, welches Stimmenmaterial verbaut ist, bevor du dich für den Kauf einer neuen, oder gebrauchten Harmonika entscheiden. Für einen Laien ist nämlich nicht erkennbar, welche Stimmplatten verbaut sind. Bei Michlbauer-Modellen wird das immer ganz klar kommuniziert und deshalb im Shop, im Geschäft und in den Katalogen auch angegeben.
Richtige Einstellung der Stimmzungen
Wenn du eine Harmonika mit gutem Stimmenmaterial besitzt und gewisse Töne trotzdem verhältnismäßig viel Luft verbrauchen, könnte es eventuell an der Einstellung der Stimmzunge liegen. Es könnte sein, das der Ton z.B. nicht so gut anspricht und deshalb in der Einschwingphase der Zunge übermäßig viel Luft verbraucht. Hier besteht ebenfalls die Möglichkeit den Luftverbrauch zu verringern, indem die Stimmzunge auf die Spielweise des Spielers eingestellt wird. Auch das solltest du absoluten Fachleuten überlassen und nicht selbst herumbasteln. Das Nachstellen von Stimmzungen kann in den meisten Fällen von unserem Harmonikamacher, Dominic Schedler in Reutte gemacht werden, oder z.B. im Zuge eines Servicetages in den Niederlassungen in Weyregg und Gasen. Selbstverständlich werden diese Arbeiten auch direkt von den Harmonika-Herstellern Novak und Strasser erledigt.

Erhöhter Luftverbrauch durch Abnützung
Oft sind es aber einfach nur Abnützungs- oder Alterserscheinungen, die zu einem höheren Luftverbrauch führen. Bei jeder Stimmplatte sind Ventile aus Kunststoff oder Leder montiert, die mit den Jahren auch ermüden oder nicht mehr so geschmeidig funktionieren. Auch die ganzen Dichtungen bei den Tasten und dem Balg sind aus Naturmaterialien und unterliegen einer normalen Abnützung. Deshalb solltest du deine Harmonika von Zeit zu Zeit von Fachleuten durchchecken lassen. Auf einem gut funktionierenden Instrument zu spielen macht nämlich wesentlich mehr Spaß und es geht auch leichter.
Das war jetzt nur ein kleiner Einblick in das Innere einer Harmonika. Es gäbe hier noch viel mehr zu erzählen. Dies würde allerdings den Rahmen dieses Workshops sprengen. Mir war es allerdings wichtig dir das in aller Kürze einmal näher zu bringen, weil diese Dinge von außen oft nicht sichtbar sind. So kann sich ein vermeintliches Schnäppchen aus dem Internet schnell einmal als ein Fehlkauf herausstellen.

Zug statt Druck, oder Druck statt Zug?
Die Steirische Harmonika ist ja aufgrund ihrer Wechseltönigkeit ein ganz spezielles Instrument. Wie du mit dem Spielen begonnen hast, warst du sicherlich auch immer wieder einmal verärgert, dass dir die Luft ausgegangen ist, oder dass du Druck mit Zug verwechselt haben. Auch mir ist es so ergangen, als ich im Jahr 2003 als Erwachsener mit dem Harmonikaspielen begonnen habe. Doch mit Zeit und der entsprechenden Erfahrung weiß man ganz genau, bei welchem Stück man wie viel Luft holen muss und wo die kritischen Stellen betreffend mit der Luft sind. Trotzdem gibt es vielleicht immer wieder Stücke, wo du an deine Grenzen stößt und nicht weißt, wie du das Luftproblem lösen kannst. Hier sind dann gute Griffschrift- oder Notenarrangements sehr hilfreich, die genau diese Problematik berücksichtigen und wo die Balgwechsel so notiert sind, dass man möglichst ohne Lufttaste auskommt. Denn das Drücken der Lufttaste ist nicht nur hörbar, sondern unterbricht sehr oft den Fluss der Melodie. Genau das war bei den Bearbeitungen und Kompositionen von Florian Michlbauer immer schon ein wichtiges Qualitätsmerkmal. Florian hat sowohl bei leichteren, als auch bei schwierigeren Stücken immer darauf geachtet, dass der Spieler mit der Luft möglichst auskommt. Dafür weicht er in bestimmten Takten, welche an und für sich auf Druck gespielt werden, auf Zug aus und umgekehrt.
Ich habe für dich nun einige einfache Übungen zusammengestellt, die sich genau mit dieser Thematik befassen. Für routinierte Spieler ist das natürlich nur eine Auffrischung. Wenn du dich allerdings damit noch nicht so beschäftigt hast, wirst du feststellen, dass du dadurch mehr Flexibilität erreichen und sich dir ganz neue Möglichkeiten des Instruments eröffnen.
Schlusswendungen auf Druck und Zug
2/4-Takt Schlusswendungen (Druck/Zug)
Je nachdem wie ein Stück harmonisch aufgebaut ist kann es sein, dass mehr Takte auf Druck, als auf Zug gespielt werden müssen. Mit Fortdauer des Stückes werden Sie unweigerlich Luftprobleme bekommen. Hier besteht die Möglichkeit, einzelne Takte auf Zug statt auf Druck zu spielen.
Bei der ersten Übung geht es darum den Schlusstakt zu variieren. Finde noch weitere Schlusswendungen, die du dann sowohl auf Druck, als auch auf Zug spielen kannst.
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3/4-Takt Schlusswendungen (Druck/Zug)
Spiele auch diese Schlüsse im ¾-Takt. Beginne direkt mit dem zweiten Schluss, weil dieser eventuell neu und daher noch ungewohnt für dich ist. Den Basslauf auf Zug kannst du nur spielen, wenn deine Harmonika mit einem entkoppelten H-Bass ausgestattet ist. Wenn das nicht der Fall sein sollte, dann spiele einfach Ccc C.
Ich empfehle dir sämtliche gebräuchliche Schlusswendungen auswendig zu lernen und falls vom Instrument her möglich auch jeweils in der Druck- und Zugvariante. Damit wirst du, was die Luft angeht, viel flexibler!
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Kleiner Walzer (Druck/Zug-Variationen)
Bei der natürlichen Spielform auf der Steirischen Harmonika ist es so, dass man die Tonika (I. Stufe) und die Subdominate (IV. Stufe) auf Druck spielt und die Dominante (V. Stufe) auf Zug. Hier überwiegen die Takte, welche auf Druck gespielt werden müssen deutlich. So ist es zwar leicht spielbar, hat allerdings den Nachteil, dass Sie entweder am Beginn mit viel Luftreserve starten müssen, oder unterm spielen die Lufttaste betätigen müssen, vor allem wenn Sie das Ganze auch noch langsam spielen oder wiederholen möchten.
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Tonika auf Zug
Um die Druck-Takte zu reduzieren hast du hier nun die Möglichkeit die letzten zwei Takte des ersten Schlusses auf Zug zu spielen und so wieder genügend Luft für die Wiederholung in den Balg aufzunehmen.
Suche zu Übungszwecke leichte Stücke heraus, bei denen Sie ebenfalls so vergehen.
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Tonleiter mit Akkorden (Druck/Zug)
Als abschließende Übung habe ich für dich die zweistimmige Tonleiter mit der jeweiligen Druck-/Zug-Variante notiert.
Mit dieser kannst du nun wortwörtlich spielen.
a) Spielen wie es notiert ist (jeden Ton auf Druck und Zug)
b) Nur jeweils den ersten Ton jeden Taktes (alles auf Druck)
c) Nur jeweils den zweiten Ton jeden Taktes (alles auf Zug)
d) Mischen Sie b) und c)
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Ennstaler Polka (Druck/Zug-Variationen)
Anhand der einfachen Ennstaler Polka möchte ich dir zeigen, wie flexibel die Steirische Harmonika in Bezug auf das Druck-/Zug-Spiel ist.
In der ersten Zeile ist es so notiert wie es auch im Normalfall gespielt wird.
Die Tonika (I. Stufe) auf Druck und die Dominate (V. Stufe) auf Zug. Die Druck-/Zug-Takte halten sich die Waage.
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Im Beispiel zwei ist jeweils der Schlusstakt, was ja die Tonika ist, auf Zug gespielt. Jetzt überwiegen die Zug-Takte. Wenn du das Stück in dieser Variation mehrmals wiederholst, wird dir mit Sicherheit der Arm zu kurz werden.
Im dritten Beispiel beginne ich die Tonika auf Zug und wechsle dann im dritten Takt bei der Dominante auf Druck. Obwohl du hier keine Luftprobleme bekommen würdest, weil die Takte gleichmäßig auf Druck und Zug aufgeteilt sind, wird das natürliche Druck-/Zug-Spiel der Harmonika komplett missbraucht. So auch im vierten Beispiel.
Erfinde noch weitere Varianten und kombiniere diese miteinander.
Ich wünsche Dir viel Spaß beim Ausprobieren und Experimentieren!
Dein,
Johannes Petz
